Das Schneiderhandwerk
- Handwerk = Luxus?
- unterschiedliche Arten von Schneidern
- Ausbildung
- Die Aufgaben eines Maßschneiders
- Berufsbeschreibung 1827
- Redensarten
Handwerk / Maßanferigung = Luxus?
Es kommt einem schon so vor, als wären das Handwerk und handwerklich angefertigte Dinge in Deutschland inzwischen Luxus.
Das liegt daran, dass die unfair bezahlten Massenanfertigungen aus Asien und Co. eine viel zu günstige Alternative sind.
Unser Konsumverhalten hat sich verändert, viele Dinge - so auch Kleidung - sind Verbrauchsartikel geworden.
Die Industrie möchte, dass wir möglichst viel davon kaufen und schnell wieder wegschmeißen.
Heutzutage haben die meisten Menschen viel mehr Kleidungsstücke im Schrank als nötig.
Man kann sich ja auch einen billigen Anzug für den Lohn von 8 Stunden Arbeit leisten...
Früher gab es nur den Schneider und so hat man vielleicht seinen halben Monatslohn für einen Anzug ausgegeben und diesen jahrelang getragen und gepflegt.
Die Arbeit, die in einem Anzug steckt ist aber ähnlich geblieben. Das selbe gilt natürlich für alle anderen Kleidungsstücke auch.
Ich kann kein T-Shirt für 2€ nähen.
Die Globalisierung und Massenproduktionen in Niedriglohnländern machen es möglich, dass große Kleiderketten solche Preise halten können. Leider bleiben Mensch und Natur dabei oft auf der Strecke.
Dass Handwerksleistungen und auch Maßanfertigungen in Deutschland teurer sind liegt auf der Hand.
Selbst eine Änderung kann soviel Kosten, wie das zu ändernde Kleidungstück neu gekostet hat.
Wer bereit ist sich ein Kleidungsstück anfertigen zu lassen, gönnt sich also schon etwas Luxus und unterstützt das schwindende Handwerk in Deutschland.
Meine Arbeiten sind keine industrielle Massenproduktion, sondern immer individuell auf jeden Kunden zugeschnittene Unikate.
Die Arbeitslöhne in Deutschland sind höher als in Fernost. - Und trotzdem: Wenn mich Leute fragen, ob ich vom Schneidern leben könne, dann antworte ich: „Wenn ich reich werden wollte, dann hätte ich einen anderen Beruf ausgewählt…“
Mein Reichtum besteht darin, eine Arbeit machen, die ich gerne mache. Selbstständig und komplett - von der Beratung bis zum fertigen Kleidungsstück.
Wenn am Ende des Nähens etwas Neues da ist – Etwas was vorher nicht da war – Und auch ein glücklicher Mensch, der dieses neue Stück mit Freude trägt – Dann ist das ist auch Teil meines Lohns.
Mehr Infos zu den Zuständen in der industrieellen Massenfertigung hier:
Eine Dokumentation von 2017 - Mode schlägt Moral - Wie fair ist unsere Kleidung
Quelle: http://www.hi5-textildruck.de/
Es gibt unterschiedliche Arten von Schneidern.
Zum Beispiel:
- Modeschneider, diese nähen nach Konfektionsgrößen meist halb/industriel
- Änderungsschneider ändern oder reparieren Kleidungsstücke
- Uniform- und Wäscheschneider.
- Maßschneidern - Bei diesen gibt es eine Ausbildung mit Fachrichtung Damen oder Herren. Maßschneider fertigen, nach Kundenwünschen und Kundenmaß Bekleidung wie z.B. Mäntel, Jacken, Anzüge, Festkleidung oder Freizeitbekleidung.
Schneider arbeiten in der Textil- und Modeindustrie, in Schneiderwerkstätten und Schneiderateliers. Sie sind außerdem häufig in Bekleidungshäusern mit angeschlossenen Änderungsateliers tätig. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten finden sie in Kostümabteilungen von Theater, Film und Fernsehen.
Die Ausbildungszeit zum Änderungsschneider beträgt 2 Jahre.
Für den Bereich Damen- und Herrenmaßschneider 3 Jahre.
Bei der Ausbildung zum Modeschneider kann nach 2 Jahren Ausbildung der Abschluss als Modenäher erworben werden, nach einem weiteren Jahr der Abschluss als Modeschneider.
Es gibt zwar Ausbildungen zu den einzelnen Schneiderberufen aber die Berufe sind nicht geschützt. Das heißt jeder kann eine Schneiderei eröffnen ohne eine entsprechende Ausbildung zu haben. Daher ist es wichtig sich über die Qualität der Arbeit zu informieren.
Näherin 1927 Quelle: www.commons.wikimedia.org
Die Aufgaben eines Maßschneiders
...gehen weit über das Nähen hinaus.
Zu den Tätigkeiten eines Maßschneiders gehören:
- die umfassende Beratung der Kunden
- das Erstellen von Entwürfen und Schnittmustern,
- die Anfertigung eines neuen Kleidungsstückes sowie die Änderung oder Reparaturen bereits getragener Kleidung.
Im Einzelnen verläuft der Arbeitsprozess eines Maßschneiders folgendermaßen:
Es beginnt mit der Kundenberatung hinsichtlich Schnitt, Stoff und Farbe des zukünftigen Kleidungsstückes.
Anschließend entwickeln Schneider Entwürfe und Schnittmuster.
Die dann folgenden Näharbeiten werden in den meisten Fällen an der Maschine aber auch mit der Hand ausgeführt.
Ich habe eine Ausbildung dreijährigezur Maßschneiderin mit Fachrichtung Damen absolviert.
Ich nähe aber auch Herrenkleidung.
Allerdings keine klassischen Sakkos.
Wohl aber Jeans, Hemden, Hosen, Westen und historische Kleidung…
Wer den maßgeschneiderten Anzug wünscht darf sich an erfahrene Herrenschneider/-ausstatter wenden. Die kennen sich mit jedem noch so kleine Detail des modernen und klassischen Anzugs aus…
Schneidern im Mittelalter
Quelle: www.golden-pattern.online.de
Schneider1568
Quelle: www.commons.wikimedia.org
Der Schneider mit seinen Gehilfen 1774 Quelle: www.commons.wikimedia.org
Das Schneiderhandwerk ist ein altes Handwerk und entstand im 12. Jahrhundert.
Davor wurde die Kleidung in Klöstern oder von den Menschen selbst hergestellt.
"Die hauptsächlichste Wissenschaft eines Schneiders besteht nicht nur
darin, daß er die Zeuge nach dem Maaße mit Vortheil zuschneide, die
Kleider, nach der verschiedenen Beschaffenheit der Körper, die er
bekleiden soll, richtig anpasse, und hierzu ein richtiges Maaß nehme,
auch nach dem Augenmaaße und bloßen Ansehen es richtig anpasse oder zu
treffen wisse, sondern auch, daß er zweckmäßige neue Moden erfinde, und
allerlei fremde Trachten bei großen Bällen etc. anzugeben wisse, oder
doch nach der Anleitung Anderer arbeiten könne. Er muß einem
verwachsenen Körper durch Wattirung desjenigen Theils, wo er Höhlungen
bildet, ein besseres Ansehen zu geben suchen; überhaupt durch seine
Kunst Alles anwenden, dem Körper ein schönes Ebenmaaß zu geben, welches
er Alles durch Wattirungen der Kleidungsstücke erreicht. Ferner muß er
die Güte und den Preis der Waaren, welche er verarbeiten soll, genau
kennen......"
Krünitz Artikel "Schneider": Ökonomisch-technologische Enzyklopädie, Band 147 (1827),
S.402 elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier
Bretonische Schneiderinnen 1854
Quelle:www.commons.wikimedia.org
Der Dorfschneider 1894
Quelle: www.commons.wikimedia.org
Das neue Kleid 1889
Quelle: www.commons.wikimedia.org
Das Schneiderhandwerk stand in früheren Jahrhunderten in geringem Ansehen und wurde viel verspottet. Vieles davon hat sich redensartlich erhalten. So galt der Schneider als arm, schmächtig und schwächlich, weil er wenig Einnahmen hatte und ein "Stubenhocker" war. Dieser angeblichen Empfindlichkeit liegt die Redensart "frieren wie ein Schneider" zugrunde. Weniger geläufig sind heute Redensarten wie "essen wie ein Schneider" (sehr wenig essen) und "laufen wie ein Schneider" (schnell laufen, da man dünn und behende ist wie ein Schneider). Verspottet wurden auch die (häufig vergeblich angemahnten) Lohnforderungen der Schneider. So gab es die heute fast vergessene spöttische Einlassformel "Herein, wenn's kein Schneider ist!" Sie wird gebraucht, wenn jemand anklopft und man nicht weiß, wer vor der Türe steht. Die Armut des Schneiders führte zu dem Fachausdruck "Schneider sein", der beim Kartenspiel bedeutet: mit weniger als 30 Punkten verloren haben. Daher auch die Redensart "aus dem Schneider sein"
Es gibt aber auch das Märchen vom "tapfen Schneiderlein"...
Gehe zu: